Bearbeiter: Dr. Gernot Schmalz-Brüggemann
► Unterlassungsanspruch des Eigentümers, § 1004 I 2 BGB. ► Eigentumsbeeinträchtigung durch Benutzung entgegen dem Willen des Eigentümers. ► Störereigenschaft; Duldungspflicht. ► Prüfungspflicht des Internet-Anbieters; § 7 II TMG
BGH Urteile vom 17. 12. 2010 (V ZR 45/10 und V ZR 44/10)
Fall (Preußische Schlösser)
St ist die rechtsfähige öffentlich-rechtliche Stiftung „Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg“. Zu ihren Aufgaben gehört, die ihr übereigneten Kulturgüter zu bewahren, unter Berücksichtigung historischer, kunst- und gartenhistorischer sowie denkmalpflegerischer Belange zu pflegen und der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Sie verwaltet über 150 historische Bauten und rund 800 Hektar Gartenanlagen in Berlin und Brandenburg, unter anderem Sanssouci, Cecilienhof, Park und Schloss Rheinsberg, Schloss Charlottenburg, Jagdschloss Grunewald sowie die Pfaueninsel. Ein Teil dieser Bauten und Gartenanlagen ist in die Welterbe-Liste der UNESCO aufgenommen worden; sie alle gehören zu den beliebtesten touristischen Zielen im Berliner Raum.
Die Firma B1 ist eine Fotoagentur und bietet im Internet entgeltlich Fotografien an, insbesondere verkauft sie die Fotos und die Veröffentlichungsrechte an Presseunternehmen. Zu den angebotenen Bildern gehören auch zahlreiche Fotos mit Abbildungen von Außenansichten von Gebäuden, Parkanlagen und Skulpturen der Kulturgüter, die der St gehören und von ihr verwaltet werden. St ist der Auffassung, sie habe ein ausschließliches Recht darauf, ihre Kulturgüter zu verwerten, insbesondere soweit diese Fotos von den Grundstücken ihrer Schlösser und Gärten aus angefertigt wurden. Sie hat B1 angeboten, mit ihr einen Lizenzvertrag zu schließen, wonach B1 die Fotos gegen Zahlung einer Vergütung verwenden darf; B1 hat das abgelehnt. St verlangt von B1, es zu unterlassen, Fotos der von ihr verwalteten Kulturgüter zu vervielfältigen, zu verbreiten oder öffentlich wiederzugeben.
Die Firma B2 ist Diensteanbieterin im Internet, indem sie eine Plattform betreibt, auf der gewerblich und freiberuflich tätige Fotografen Fotos zum entgeltlichen Herunterladen ins Internet stellen können. Sie hat ungefähr vier Millionen Bilder in dem Bildportal gespeichert, darunter zahlreiche Fotos von Kulturgütern, die von St verwaltet werden, so zum Beispiel Außen- und Innenansichten historischer Gebäude, Parkanlagen und Skulpturen. Nach Auffassung der St ist auch B2 hierzu nicht berechtigt, so dass sie von B2 Unterlassung verlangt.
A. Aus dem Urheberrechtsgesetz (UrhG) hat St weder einen Anspruch gegen B1 noch gegen B2. Zwar fallen auch Werke der Baukunst unter dieses Gesetz (§ 2 Nr. 2 UrhG). Nach § 97 UrhG ist aber Voraussetzung für einen Unterlassungsanspruch, dass das Urheberrecht verletzt wird. Das Urheberrecht steht dem Schöpfer eines Werkes zu (§7 UrhG). St hat die baulichen und sonstigen Anlagen und Kunstwerke nicht geschaffen und ist deshalb nicht deren Urheber (Wanckel NJW 2011, 1779, 1780 Fn. 9 in einer Besprechung des BGH-Urteils). Auch sind die Rechte der Urheber 70 Jahre nach ihrem Tode ausgelaufen (§ 64 UrG), was auf die allermeisten der von St verwalteten Kunstwerke zutrifft.
B.Anspruch St gegen B1 aus § 1004 I 2 BGB
St könnte gegen B1 einen Unterlassungsanspruch aus § 1004 I 2 BGB haben. (Die Zitate in der nachfolgenden Lösung unter B. stammen aus dem diese Frage behandelnden Urteil AZ V ZR 45/10.)
I. Nach der Feststellung im Sachverhalt sind die Kulturdenkmäler, die auf den Fotos zu sehen sind, der Stiftung übereignet worden. St ist somit Eigentümerin der angebildeten Gebäuden, Parkanlagen und Skulpturen.
II. In den bereits vorgenommenen und zukünftig weiter zu erwartenden Handlungen der B1 müsste eine Beeinträchtigung des Eigentums an den Kulturgütern zu sehen sein, die in anderer Weise erfolgt als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes.
1. Eine solche andere Beeinträchtigung des Eigentums ist zunächst anzunehmen, wenn ein Eingriff in die Sachsubstanz erfolgt, wenn die Nutzung der Sache beeinträchtigt wird oder eine sonstige Besitzstörung vorliegt oder wenn der Eigentümer in anderer Weise gehindert wird, mit der Sache nach seiner Vorstellung zu verfahren (vgl. § 903 BGB). Keiner dieser Fälle liegt vor, wenn die der St gehörenden Gebäude, Parkanlagen und Skulpturen fotografiert und wenn diese Fotos dann verwendet werden.
BGH [9]: Das Fotografieren eines fremden Grundstücks, insbesondere eines darauf errichteten Gebäudes, lässt dessen Sachsubstanz unberührt. Es hat keine Auswirkungen auf die Nutzung der Sache selbst, hindert den Eigentümer nicht daran, mit dem Grundstück weiterhin nach Belieben zu verfahren und stört ihn grundsätzlich auch nicht in seinem Besitz.
2. Das Berufungsgericht im BGH-Fall hatte es abgelehnt, darüber hinausgehend eine Beeinträchtigung des Eigentums anzunehmen und der St einen Abwehranspruch zuzusprechen. Es hatte angenommen (so BGH [4]), die geltend gemachten Ansprüche scheiterten schon daran, dass das bloße Fotografieren einer Sache ebenso wenig wie die nachfolgende Verwertung der Fotografien eine Beeinträchtigung des Eigentums darstelle. Nach Auffassung des BGH ist diese Betrachtungsweise zu eng, [16]: Das Eigentum kann vielmehr auch dadurch beeinträchtigt werden, dass es, ohne beschädigt zu werden, in einer dem Willen des Eigentümers widersprechenden Weise genutzt wird. Er verweist zunächst auf zwei Beispielsfälle aus der Rechtsprechung: das Befüllen eines Gastanks entgegen dem Willen des Eigentümers des Gastanks mit fremder Ware (BGH NJW 2003, 3702 und NJW-RR 2006, 1378) und der Benutzung einer Hauswand als Projektionsfläche (OLG Dresden NJW 2005, 1871). In beiden Fällen wurde eine Eigentumsbeeinträchtigung angenommen.
a) Die danach erforderliche Benutzung des Eigentums liegt allerdings noch nicht in den Vorgängen Fotografieren und Verwenden der Fotos. Allein daraus kann sich keine Beeinträchtigung ergeben.
b) Sie könnte aber in dem Vorgang liegen, der zu der Anfertigung der Fotos geführt hat. Eine Reihe von Fotos, die B1 anbietet, konnten nur angefertigt werden, wenn dabei die Grundstücke der St betreten wurden. Darin lag eine Benutzung der Grundstücke ohne Willen der St. Andere Fotos konnten ohne Betreten der Grundstücke angefertigt werden. In diesem Fall zieht der BGH den Rechtsgedanken des § 59 UrhG heran, wonach es zulässig ist, Werke, die sich bleibend an öffentlichen Wegen, Straßen oder Plätzen befinden, mit Mitteln der Malerei oder Graphik, durch Lichtbild oder durch Film zu vervielfältigen, zu verbreiten und öffentlich wiederzugeben.
Dementsprechend führt der BGH zur hier einschlägigen Fallgruppe „Fotos von fremden Gebäuden“ unter [11] aus: Nach der Rspr. des BGH stellen das ungenehmigte Fotografieren eines Gebäudes oder eines Gartens und die Verwertung solcher Fotografien nicht in jedem Fall eine Eigentumsbeeinträchtigung dar.
aa) An ihr fehlt es, wenn ein Gebäude oder eine Gartenanlage von einer anderen Stelle aus als dem Grundstück, auf dem sie sich bleibend befinden (vgl. BGHZ 150, 6, 9 f. für den verhüllten Reichstag), fotografiert werden und solche Fotografien verwertet werden (BGH NJW 1989, 2251, 2252 und NJW 2004, 594, 595; ebenso OLG Düsseldorf AfP 1991, 424, 425; OLG Köln NJW 2004, 619 f.…). Das hat der BGH aus einer Parallelwertung zu § 59 UrhG abgeleitet. Die urheberrechtliche Freistellung soll nicht eigentumsrechtlich unterlaufen werden können.
bb) [12]: Dieser Gesichtspunkt greift aber nicht, wenn das Gebäude oder der Garten nicht von allgemein zugänglichen Stellen, sondern von dem Grundstück aus, auf dem sie sich befinden, fotografiert werden (sollen). Dann hängt die Möglichkeit, das Gebäude oder den Garten zu fotografieren, entscheidend davon ab, ob der Grundstückseigentümer den Zugang zu seinem Grundstück eröffnet und unter welchen Bedingungen dies geschieht. Die Entscheidung darüber steht…nach § 903 BGB im Belieben des Grundstückseigentümers. Er ist nicht gezwungen, den Zugang zu seinem Grundstück nur vollständig zu gestatten oder vollständig zu versagen. Er kann ihn auch eingeschränkt öffnen und sich etwa das Fotografieren seines Anwesens und die Verwertung solcher Fotografien vorbehalten.
[13]: Diese Befugnis des Grundstückseigentümers erkennt der BGH in st. Rspr. an (BGHZ 44, 288, 295,…NJW 1989, 2251, 2252 unter I. 2 b a. E.; BGHZ 165, 62, 70 für die Tonübertragung aus einem Fußballstadion). Diese Rechtsprechung hat Zustimmung (OLG Köln NJW 2004, 619, 620; Erman/Hefermehl, BGB, 10. Aufl., § 1004 Rn. 13; RGRK/Pikart, BGB, 12. Aufl., § 1004 Rn. 144; Soergel/Mühl, BGB, 12. Aufl., § 1004 Rn. 71; Prengel, Bildzitate von Kunstwerken…, S. 214 ff.…), aber auch Kritik erfahren (Soergel/Münch, BGB, 13. Aufl., § 1004 Rn. 62; Staudinger/Gursky, BGB, [2006], § 1004 Rn. 80; Dreier in Dreier/Schulze, UrhG, 3. Aufl., § 59 Rn. 14, S. 938; …).
c) Die von der Gegenauffassung vorgebrachten Gründe dafür, dass das Betreten der Grundstücke noch nicht zu einer Eigentumsbeeinträchtigung führt, hält der BGH für nicht durchgreifend [14 - 17]:
aa) Die Auffassung des BGH führt, anders als die Kritik einwendet, nicht dazu, dass ein der zivilrechtlichen Eigentumsordnung unbekanntes „Recht am Bild der eigenen Sache" begründet wird. Ein ausschließliches Recht, Abbilder herzustellen und zu verwerten, wie es den Inhabern von Urheber- und Immaterialgüterrechten zusteht, steht dem Grundstückseigentümer nach der Rspr. des BGH schon von vornherein nicht zu. Er hat ein solches Recht nur, wenn sein Grundstück betreten werden soll, um Abbilder insbesondere von Gebäuden und Gärten anzufertigen, die sich darauf befinden, und die Abbilder dann zu verwerten. Dabei handelt es sich aber nicht um ein neben das Eigentum tretendes eigenständiges Recht. Die Verwertungsbefugnis beruht vielmehr auf dem Grundstückseigentum selbst, das das Recht umfasst, aus dem Grundstück Früchte zu ziehen. Zu diesen Früchten gehören nach § 99 Abs. 3 BGB ebenso wie die Erträge etwa aus der Vermietung eines Schlosses als Kulisse für einen Kinofilm auch die Erträge aus der Verwertung von Abbildern der Gebäude und Gärten auf dem Grundstück…
bb) Entgegen der Auffassung des BerGer. lässt sich dem Umstand, dass bei einem urheberrechtlich geschützten Werk das Vervielfältigungs- und Verbreitungsrecht ausschließlich dem Urheber zugewiesen ist (vgl. §§ 16, 17 UrhG), nicht die gesetzliche Wertung entnehmen, das äußere Erscheinungsbild der Sache sei einer Nutzung durch den Eigentümer generell entzogen… Urheberrecht und Eigentum am Werkoriginal sind voneinander unabhängig und stehen selbständig nebeneinander (BGHZ 129, 66, 70). Deshalb können Ansprüche aus Eigentum unabhängig vom Urheberrecht geltend gemacht werden.
d) Zwischenergebnis: Es liegt keine Eigentumsbeeinträchtigung vor bei den Fotos, die von einer öffentlich zugänglichen Stelle aufgenommen wurden. Bei diesen ist der Unterlassungsanspruch der St gegen B1 unbegründet. Bei den unter Nutzung des Eigentums der St angefertigten Fotos ist eine Eigentumsbeeinträchtigung gegeben, so dass die weiteren Voraussetzungen für den Anspruch aus § 1004 I 2 zu prüfen sind.
III. B1 hat die Fotos angefertigt oder den Auftrag dazu gegeben, so dass sie auch Störerin ist. BGH [27]: Die Beklagte ist passivlegitimiert, weil sie die Beeinträchtigung des Eigentums der Klägerin als Handlungsstörerin adäquat verursacht hat (vgl. BGH NJW 2007, 432 Rn. 9 m. w. N.).
IV. Ein Anspruch aus § 1004 I besteht nicht, soweit St zur Duldung verpflichtet ist.
1. Eine Duldungspflicht ergibt sich noch nicht daraus, dass St der Öffentlichkeit Zutritt zu ihren Anlagen gewährt. Dazu ist sie zwar nach ihrer Aufgabenstellung, die Kulturgüter der Öffentlichkeit zugänglich zu machen, verpflichtet. Den Umfang dieser Öffnung kann sie aber dahin einschränken, dass er das Recht zur gewerblichen Aufnahme und Verwertung der dabei entstandenen Fotos nicht umfasst (BGH [18]).
2. BGH [19]: Auch der Umstand, dass es sich bei der Klägerin um eine dem öffentlichen Recht unterliegende Stiftung handelt, führt vorliegend nicht zu einer Einschränkung ihrer Eigentümerbefugnisse. Sie hat die aus ihrer Aufgabe fließenden Beschränkungen zu beachten. Es bestehen aber keine Anhaltspunkte dafür, dass zu ihrer Aufgabe gehört, kostenlos die gewerbliche Verwertung von Bildern ihres Eigentums zu gestatten.
3. BGH [25/6]): Etwas anderes ergibt sich, anders als das BerGer. meint, auch nicht aus der besonderen Bedeutung der von der Klägerin verwalteten Kulturgüter als Bestandteil des UNESCO-Welterbes. Die Aufnahme eines Kulturguts in die Liste des Erbes der Welt der UNESCO nach Art. 11 Abs. 2 des Übereinkommens zum Schutz des Kultur- und Naturerbes der Welt (vom 16. November 1972, BGBl. 1977 II S. 213) führt nicht dazu, dass der betroffene Vertragsstaat seiner Bevölkerung den Zugang hierzu öffnen müsste. Sie eröffnet der UNESCO vielmehr die Möglichkeit, den Vertragsstaat bei seiner ihm nach Art. 4 des Übereinkommens obliegenden Pflicht, die auf seinem Hoheitsgebiet befindlichen Kulturgüter zu erfassen und zu schützen, durch eine finanzielle Zuwendung nach Art. 19 des Übereinkommens zu unterstützen. Auch die Verpflichtung nach Art. 27 des Übereinkommens, die Würdigung und Achtung der Kulturgüter in der Bevölkerung zu stärken, beschränkt den Vertragsstaat nicht in seinem Recht zur Verwertung von Bildaufnahmen der Gebäude und Anlagen, jedenfalls soweit zu deren Herstellung ein Betreten der Grundstücke erforderlich ist.
4. Die Pressefreiheit (Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG) wird entgegen der Ansicht der Beklagten durch ein Verbot, ohne Zustimmung der Klägerin innerhalb der Parkanlagen Bildaufnahmen herzustellen, nicht berührt. Dazu muss nicht entschieden werden, hinsichtlich welcher Tätigkeitsbereiche die Beklagte als Fotoagentur dem grundrechtlichen Schutz des Art. 5 GG unterliegt…Denn die Pressefreiheit vermag in ihrer Funktion als Abwehrrecht gegenüber staatlichen Eingriffen und objektive, das Institut der freien Presse gewährleistende Grundsatznorm (vgl. BVerfGE 20, 162, 175; 117, 244, 258 f. m. w. N.) keinen Anspruch auf einen…Zugang zu öffentlichen Sachen zu eröffnen. Sie gibt auch kein Recht darauf, fremdes Eigentum zu benutzen.
IV. BGH [27]: Auch die weiter erforderliche Wiederholungsgefahr liegt vor. Schon die einmalige rechtswidrige Verwendung eines Fotos durch die Beklagte, zum Beispiel durch Weiterleiten an den Auftraggeber oder durch Einstellen in das Internetbildportal, begründet die tatsächliche Vermutung dafür, dass sich die Beeinträchtigung wiederholt (vgl. BGH NJW 2004, 1035, 1036 m. w. N).
Ergebnis zu B: St hat gegen B1 einen Anspruch darauf, dass diese es unterlässt, Fotos der von St verwalteten Kulturgüter zu vervielfältigen, zu verbreiten oder öffentlich wiederzugeben, soweit diese nicht von öffentlich zugänglichen Plätzen außerhalb der verwalteten Anlagen angefertigt wurden.
C. Anspruch der St gegen B2 aus § 1004 I 2 BGB
(Die Zitate in der nachfolgenden Lösung unter C. stammen aus dem Urteil AZ V ZR 44/19.)
I. Auch bei dieser Prüfung ist davon auszugehen, dass St Eigentümerin der fotografierten Gebäude, Anlagen und Skulpturen ist. Soweit die Aufnahmen unter Benutzung der Grundstücke der St angefertigt wurden, liegt darin eine Eigentumsbeeinträchtigung der St, die diese nicht zu dulden braucht (oben B II, IV).
II. Damit ein Unterlassungsanspruch aus § 1004 I 2 besteht, müsste B2 Störerin im Sinne dieser Vorschrift sein.
1. BGH [10]: Die Beklagte haftet nicht als Handlungsstörerin. Darunter ist nur derjenige zu verstehen, der die Eigentumsbeeinträchtigung durch sein Verhalten, das heißt durch positives Tun oder pflichtwidriges Unterlassen, adäquat verursacht hat (BGHZ 49, 340, 347; NJW 2007, 432 m. w. N.). Die Beklagte hat zu keinem Zeitpunkt körperlich, etwa durch Betreten des Grundbesitzes, auf das Eigentum der Klägerin zugegriffen und die Klägerin auch sonst nicht in der Nutzung ihrer Grundstücke beeinträchtigt. Sie hat die auf ihrer Internetplattform aufrufbaren Fotos von Gebäuden und Gartenanlagen der Klägerin weder selbst (ungenehmigt) angefertigt noch selbst auf ihrer Plattform eingestellt. Sie vermarktet diese Fotos auch nicht selbst. Sie stammen vielmehr von den Fotografen und Agenturen, die ihre eigenen Fotos auf der Plattform der Beklagten zum Abruf bereitstellen und ihre Verwendung mit den interessierten Besuchern der Plattform selbst vereinbaren. Diesen Besuchern stehen auch nur die fremden Bildbestände, nicht auch eigene Bestände der Beklagten selbst zur Verfügung (im Unterschied etwa zum Fall BGH NJW 2010, 2731, in welchem der Suchdienst eigene Bestände an Vorschaubildern bereithielt).
2. B2 könnte aber Zustandsstörerin sein, weil die Beeinträchtigung von der von ihr betriebenen Internetplattform ausgeht.
a) BGH [12]: Auf ihrer Internetplattform werden auch Fotos angeboten, welche die jeweiligen Fotografen ohne Genehmigung der Klägerin von deren Grundstücken aus zu gewerblichen Zwecken angefertigt haben… Die Verwertung dieser Fotos ohne Genehmigung der Klägerin beeinträchtigt deren Grundstückseigentum (…). Diese Beeinträchtigung wird zwar durch die von der Beklagten betriebene Internetplattform möglich. Sie hat den Zweck, den an der Verwertung von Fotos interessierten Fotografen und Agenturen einen virtuellen Marktplatz zur Verfügung zu stellen, auf dem sie ihre Fotos interessierten Kunden anbieten können. Die Beklagte trägt damit jedenfalls objektiv zur Verletzung des Eigentums der Klägerin bei. Sie hätte auch die Möglichkeit, die Beeinträchtigung zu verhindern. Sie entscheidet als Betreiberin, welchen Fotografen und Agenturen sie erlaubt, Fotos auf ihre Plattform zu stellen. In diesem Rahmen könnte sie Einfluss darauf nehmen, welche Fotos eingestellt werden dürfen und welche nicht. Das allein macht die Beklagte als Betreiberin der Plattform aber nicht zur Störerin im Sinne von § 1004 Abs. 1 BGB.
b) BGH [13]: Vielmehr muss die Beeinträchtigung des Eigentums dem in Anspruch Genommenen auch zurechenbar sein (vgl. MünchKomm-BGB/Medicus, 4. Aufl., § 1004 Rdn. 45; Erman/Ebbing, BGB, 12. Aufl., § 1004 Rdn. 122). Hierzu genügt es nicht, dass der in Anspruch Genommene Eigentümer oder Besitzer der Sache ist, von der die Störung ausgeht. Für die erforderliche Zurechnung der Beeinträchtigung ist nach st. Rspr. des BGH vielmehr erforderlich, dass die Beeinträchtigung wenigstens mittelbar auf den Willen des Eigentümers oder Besitzers der störenden Sache zurückgeht. Das gilt nicht nur für die Beeinträchtigung des Grundstückseigentums (BGHZ 28, 110, 111, 120, 239, 254; NJW 2007, 432), sondern auch für die Beeinträchtigung anderer absoluter Rechte (BGHZ 158, 236, 245, 172, 119, 131 f. Rn. 40, NJW-RR 2008, 1136, 1139 Rn. 50…). Ob dies der Fall ist, kann nicht begrifflich, sondern nur in wertender Betrachtung von Fall zu Fall festgestellt werden. Entscheidend ist, ob es Sachgründe dafür gibt, dem Eigentümer oder Nutzer der störenden Sache die Verantwortung für ein Geschehen aufzuerlegen (für Eigentumsbeeinträchtigungen: BGHZ 142, 66, 69 f., 155, 99, 105…; für die Beeinträchtigung anderer absoluter Rechte: BGH NJW 1999, 1960 f., BGHZ 158, 343, 350…).
aa) BGH [14]: Wann eine Beeinträchtigung des Eigentums durch Dritte, die eine Internetplattform nutzen, dem Betreiber dieser Plattform in diesem Sinne wertend zuzurechnen ist, bestimmt sich nach den Grundsätzen, die der BGH für den Anspruch auf Unterlassung einer Verletzung absoluter Rechte entwickelt hat. Bei dieser Form der Beeinträchtigung geht es nämlich nicht um einen Eingriff in die Substanz der Grundstücke oder eine Beeinträchtigung ihrer Nutzung, sondern um eine Verletzung des aus dem Grundstückseigentum folgenden Rechts zur Anfertigung und Verwertung von Abbildungen der Gebäude und Gartenanlagen, die von dem Grundstück aus angefertigt werden. Diese Beeinträchtigung unterscheidet sich hinsichtlich der Frage nach dem passiv legitimierten Störer nicht von der Verletzung des Urheberrechts oder gewerblicher Schutzrechte bei der Nutzung solcher virtuellen Marktplätze. Das rechtfertigt es, für diesen Sonderfall der Eigentumsbeeinträchtigung die gleichen Grundsätze anzuwenden.
bb) BGH [15]: Danach setzt die Störerhaftung eines Dritten, der - wie hier die Beklagte - nicht selbst die rechtswidrige Beeinträchtigung vorgenommen hat, die Verletzung von Prüfpflichten voraus (BGH CR 2010, 458, 460 Rn. 19). Deren Umfang bestimmt sich danach, ob und inwieweit dem als Störer in Anspruch Genommenen nach den Umständen eine Prüfung zuzumuten ist (BGH NJW 2006, 2764, 2766 Rn. 32; BGHZ 172, 119, 131 f. Rn. 40…).
(a) BGH [16]: Eine solche Prüfpflicht kann im Einzelfall schon bei der Inbetriebnahme einer technischen Einrichtung und unabhängig davon entstehen, ob es durch die unbefugte Nutzung der Einrichtung zu einer ersten Rechtsverletzung Dritter gekommen und ob diese dem Betreiber der Einrichtung bekannt geworden ist (BGH, Urteil vom 12. Mai 2010 - I ZR 121/08, CR 2010, 458, 460 Rn. 24). Voraussetzung hierfür ist aber, dass die technische Einrichtung ohne die gebotenen Sicherungen dem öffentlichen Verkehr geöffnet wird und schon dadurch absolute Rechtsgüter Dritter gefährdet werden (BGH a. a. O. für ungesichertes privates WLAN). Es liegt hier ähnlich wie bei der Verletzung der Verkehrssicherungspflicht…
(b) BGH [17]: Die Verkehrssicherungspflicht im Internet wird aber nicht schon durch die Bereitstellung einer Internet-Auktions- oder -Verkaufsplattform verletzt… Denn dabei werden die Inhalte nicht von dem Betreiber der Plattform, sondern von ihren Nutzern bereitgestellt. Dem Betreiber einer solchen Plattform ist es jedoch nicht zuzumuten, jedes Angebot vor Veröffentlichung im Internet auf eine mögliche Rechtsverletzung hin zu untersuchen (BGHZ 173, 188, 202 f. Rn. 41). Eine dahingehende Pflicht würde ein solches Geschäftsmodell in Frage stellen (BGHZ 158, 236, 251 f.). Dabei verweist der BGH auf die Regelung in § 7 TelemedienG (TMG). Danach sind Diensteanbieter für die eigenen Informationen verantwortlich (§ 7 I). Sie sind nach § 7 II aber „ sind nicht verpflichtet, die von ihnen übermittelten oder gespeicherten Informationen zu überwachen oder nach Umständen zu forschen, die auf eine rechtswidrige Tätigkeit hinweisen. Verpflichtungen zur Entfernung oder Sperrung der Nutzung von Informationen nach den allgemeinen Gesetzen bleiben auch im Falle der Nichtverantwortlichkeit des Diensteanbieters…unberührt.“ BGH [17]: Anders liegt es, wenn für den Betreiber eine Verletzung von absoluten Rechten - hier des Eigentums - oder andere Rechtsverstöße erkennbar sind. Dann muss er den konkreten Verstoß abstellen und eine Wiederholung verhindern…
cc) Die Anwendung dieser Grundsätze auf B2 im vorliegenden Fall ergibt nach BGH [19, 20]:
(a) Zweifelhaft ist schon, ob die Beklagte unter den ca. 4 Mio. Bildern die etwa 1.000 Bilder von Gebäuden und Gärten der Klägerin mit zumutbarem Umfang ausfindig machen könnte. Jedenfalls ist für sie nicht ohne weiteres erkennbar, ob das Einstellen des einzelnen aufgespürten Fotos durch den jeweiligen Fotografen eine Beeinträchtigung des Eigentums der Klägerin darstellt. Das bestimmt sich nicht nach dem Motiv, etwa der Innenaufnahme eines Gebäudes, sondern danach, ob der Fotograf von der Klägerin die Erlaubnis zu gewerblichem Fotografieren erhalten hat. Das aber ist solchen Fotos gerade nicht anzusehen.
(b) Etwas anderes ergibt sich…auch nicht daraus, dass die Beklagte Filtersoftware oder vergleichbare technische Hilfsmittel einsetzen müsste, die durch Eingabe von Suchbegriffen oder - hier - optischen Merkmalen Verdachtsfälle aufspürt, die dann gegebenenfalls manuell überprüft werden müssen. Der Einsatz solcher Hilfsmittel kann nach der Rspr. des BGH geboten sein, um die Wiederholung von erkennbar gewordenen Rechtsverletzungen abzustellen, setzt also voraus, dass es zu einer solchen ersten - erkennbaren - Rechtsverletzung bereits gekommen ist (BGHZ 172, 119, 134 Rn. 47 und NJW-RR 2008, 1136, 1139 Rn. 53). Schon daran fehlt es hier. Die Grenzen des dem Betreiber auch in einem solchen - hier schon nicht gegebenen - Fall Zumutbaren sind aber überschritten, wenn es keine Merkmale gibt, anhand derer solche Software nach Verdachtsfällen suchen könnte (…). So liegt es hier. Den einzelnen Fotos ist auch mit technischer Unterstützung nicht anzusehen, ob sie, worauf es ankommt, ungenehmigt aufgenommen worden sind. Damit scheidet ein Unterlassungsanspruch der Klägerin aus § 1004 BGB aus.
Ergebnis zu C: B2 hatte keine Prüfpflicht daraufhin, ob die auf ihrer Internetplattform bereitgestellten Fotos das Eigentum der St verletzen. Folglich war ihr eine Verletzung nicht zuzurechnen. Sie ist nicht Störerin. St hat gegen B2 keinen Anspruch auf Unterlassung.
Zusammenfassung