► Werkvertrag, Mangel des Werks, §§ 631, 634 BGB. ► Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter, § 328 BGB; Fallgruppe Berufshaftung. ► Gesellschafterstellung und Geschäftsführung bei GmbH
BGH Urteil vom 14. 6. 2012 (IX ZR 145/11) für BGHZ vorgesehen
Fall (Das Schweigen des Steuerberaters)
Frau K, Diplom-Volkswirtin und spätere Klägerin, war Alleingesellschafterin und Geschäftsführerin der G-GmbH. Ihr Ehemann E war Rechtsanwalt und als stiller Gesellschafter an der GmbH beteiligt. Seine Praxis betrieb E in Bürogemeinschaft mit dem Steuerberater B, dem späteren Beklagten. B war der Steuerberater der GmbH und erstellte jährlich den Jahresabschluss und die Bilanz. Ein Beratungsvertrag zwischen der GmbH und E bestand nicht.
Anlässlich der Vorlage der Bilanz für das Jahr 2008 fand am 10. Februar 2010 ein Gespräch zwischen K, B und E statt. Da den Beteiligten bekannt war, dass die GmbH sich in einer schwierigen finanziellen Lage befand, sollte sich B auch zur Frage einer eventuellen Insolvenz der GmbH gutachterlich äußern. K und E waren der Ansicht, dass noch eine ausreichende Kreditlinie bei der Bank zur Verfügung stand. Demgegenüber hatte B erkannt, dass die GmbH seit dem 31. Dezember 2008 überschuldet und zahlungsunfähig war. Er teilte dies K und E aber nicht mit, weil K und E mögliche Sanierungsbemühungen erörterten und er diese Bemühungen nicht erschweren wollte. Nach der Besprechung erhöhte E seine Einlage als stiller Gesellschafter um 50.000 Euro. Da er Bedenken wegen der finanziellen Lage der GmbH geäußert hatte, sagte K ihm rechtswirksam zu, persönlich für diesen Betrag einzustehen.
Die der GmbH zugeführten Mittel verbesserten die Lage nicht wesentlich. Nach Vorlage der Bilanz für 2009 am 26. Juni 2010 erkannte auch K die Lage und stellte am 27. Juni 2010 Insolvenzantrag über das Vermögen der GmbH. Im anschließenden Insolvenzverfahren verlangte der Insolvenzverwalter in Anwendung des § 64 Satz 1 GmbH-Gesetz von K Erstattung von 34.000 Euro, die nach dem Eintritt der Insolvenzreife aus dem Vermögen der GmbH geleistet worden waren. Davon waren 24.000 Euro nach dem 10. 2. 2010 gezahlt worden. Nach Weigerung der K wurde sie schließlich rechtskräftig zur Zahlung dieses Betrages verurteilt und zahlte den Betrag. Außerdem erstattete K dem E die 50.000 Euro. Für den Schaden in Höhe von 74.000 Euro macht K den B verantwortlich. B beruft sich darauf, dass K und E nach Ausbildung und beruflicher Erfahrung die Insolvenz der GmbH aufgrund der Bilanz für 2008 hätten selbst erkennen müssen. Ist der Anspruch der K gegen B begründet ?
Anspruchsgrundlage für den von K gegen B geltend gemachten Schadensersatzanspruch können §§ 634 Nr. 4, 280 I BGB sein. Da zwischen K und B kein Vertrag geschlossen wurde, ein Vertrag vielmehr lediglich zwischen der G-GmbH und B bestand, müsste außerdem K als Dritte in den Schutzbereich dieses Vertrages einbezogen worden sein.
I. Im Verhältnis der G zu B müssten die Voraussetzungen des § 634 Nr. 4 BGB erfüllt sein.
1. Zwischen G und B bestand ein Vertrag, kraft dessen B Leistungen eines Steuerberaters zu erbringen hatte. Der BGH zählt zu den Leistungen des Steuerberaters unter [10, 11] die steuerliche Rechtsberatung und die „Hilfeleistung bei der Führung von Büchern und Aufzeichnungen sowie bei der Aufstellung von Abschlüssen, die für die Besteuerung von Bedeutung sind"; beide Aufgaben sind dienstvertraglicher Art. Weiterhin ist dem Steuerberater…erlaubt eine wirtschaftsberatende, gutachtliche oder treuhänderische Tätigkeit sowie die Erteilung von Bescheinigungen über die Beachtung steuerrechtlicher Vorschriften in Vermögensübersichten und Erfolgsrechnungen. Davon wird auch verbreitet Gebrauch gemacht, und zwar vor allem - wie auch der Streitfall belegt - bei der Erstellung oder Prüfung von Vermögensübersichten und Erfolgsrechnungen. B hatte von K als Geschäftsführerin der G den Auftrag zur Prüfung der Insolvenzsituation der G erhalten. Da hierbei ein bestimmtes Ergebnis geschuldet wurde, handelt es sich um einen Werkvertrag i. S. des § 631 BGB. BGH [9]: Verpflichtet sich der Steuerberater zur Prüfung der Insolvenzreife eines Unternehmens, handelt es sich um einen Werkvertrag (§ 631 BGB…), der keine steuerliche Beratung zum Gegenstand hat. Im Sinne des § 631 II zielt der Vertrag auf einen anderen, durch Dienstleistung herbeizuführenden Erfolg.
2. § 634 Nr. 4 hat weiterhin einen Mangel des Werks zur Voraussetzung. Grundsätzlich wird der Sach- und Rechtsmangel in § 633 BGB definiert. Allerdings geht die - dem § 434 BGB nachgebildete - Vorschrift davon aus, dass ein körperliches Werk geschuldet wird. Sie wird aber auch auf andere, aus Werkvertrag geschuldete Erfolge angewendet. So führt Palandt/Sprau, 71. Aufl. 2012, § 633 Rdnr. 13 unter dem Stichwort „Gutachten“ aus, dass bei Unrichtigkeit eine Haftung bestehe, „zB wegen objektiver Fehler oder Unvollständigkeit“, und dass dann eine „Haftung nach § 280 iVm § 634“ eingreife. Danach ist das Schweigen des B trotz Insolvenzreife der GmbH eine Mangel des von B geschuldeten Gutachtens, zumal B die Insolvenzreife kannte. Folglich war die gutachterliche Stellungnahme des B mangelhaft.
II. Auf der Grundlage des § 634 Nr. 4 BGB hat K als Dritte nur dann einen Anspruch, wenn zu ihren Gunsten die Grundsätze über den Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte eingreifen. BGH [13, 14]: Neben dem gesetzlich geregelten Vertrag zu Gunsten Dritter (§ 328 BGB), bei dem ein Dritter unmittelbar das Recht erwirbt, die Leistung zu fordern, hat die Rechtsprechung den Vertrag mit Schutzwirkung zu Gunsten Dritter herausgebildet, bei dem der Anspruch auf die geschuldete Hauptleistung allein dem Gläubiger zusteht, der Dritte jedoch in der Weise in die vertraglichen Sorgfalts- und Obhutspflichten, aber auch Hauptleistungspflichten, einbezogen ist, dass er bei deren Verletzung vertragliche Schadensersatzansprüche geltend machen kann (BGH WM 2004, 1869, 1870). Diese Rechtsprechung beruht auf einer maßgeblich durch das Prinzip von Treu und Glauben (§ 242 BGB) geprägten ergänzenden Vertragsauslegung (§ 157 BGB). Ihr liegt zugrunde, dass der Vertragsschuldner die Leistung nach dem Vertrag so zu erbringen hat, dass bestimmbare Dritte nicht geschädigt werden. Das hat zur Folge, dass einem einbezogenen Dritten im Falle der Schädigung ein eigener Ersatzanspruch als sekundärer vertraglicher Leistungsanspruch gegen den Schuldner zusteht (BGHZ 159, 1, 4).
Für eine Einbeziehung nach den Grundsätzen über den Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte bestehen folgende Voraussetzungen, die im Hinblick auf K zu prüfen sind.
1. Leistungsnähe des Dritten: Sie besteht, wenn der Dritte bestimmungsgemäß in Kontakt mit der Leistung kommt. Hierbei muss erkannt werden, dass K in zweifacher Weise an dem Vorgang beteiligt ist.
a) K war als Geschäftsführerin und organschaftliche Vertreterin der G zur Stellung des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens verpflichtet (§ 15a I InsO). Nach § 15a IV InsO kann eine Verletzung sogar zur Strafbarkeit führen. Schon deshalb war die von B geschuldete Auskunft für das Verhalten der K von Bedeutung. Weiterhin führte die drohende Erstattungspflicht aus § 64, 1 GmbHG, die sich im vorliegenden Fall später auch realisiert hat, dazu, dass das Verhalten der K von der richtigen Auskunft des B abhing, sie also mit der Leistung in Berührung kam.
b) Auch als Gesellschafterin der GmbH war es für K von Bedeutung, ob eine Insolvenz der Gesellschaft bevorstand. Falls das zu bejahen war, musste sie bei der Neuaufnahme eines Gesellschafters oder der Erhöhung einer Einlage auf das Insolvenzrisiko hinweisen, was praktisch bedeutete, dass eine solche Maßnahme nur zu vertreten war, wenn dadurch sowohl die Überschuldung als auch die Zahlungsunfähigkeit nachhaltig beseitigt wurde. K kam also auch als Gesellschafterin mit der Leistung des B in Berührung.
2. Einbeziehungsinteresse des Gläubigers: Die G-GmbH müsste ein hinreichendes Interesse daran gehabt haben, dass ihre Geschäftsführerin und Gesellschafterin in den Schutzbereich einbezogen wird. Da es dabei um die Abwehr bestimmter Schäden geht, kann nach der Art der Schäden differenziert werden.
a) Im Vordergrund stehen Personenschäden in Fällen, in denen dem Gläubiger gegenüber dem Dritten eine gesteigerte Fürsorgepflicht obliegt, ihm gleichsam dessen „Wohl und Wehe“ anvertraut ist. Das ist vornehmlich der Fall bei Rechtsbeziehungen mit personenrechtlichem Einschlag wie es familienrechtliche, arbeitsrechtliche und mietvertragliche Rechtsverhältnisse sind (BGHZ 159, 1, 8; NJW 2001, 3115, 3116). Zu diesen Fällen gehört der Beratungsvertrag zwischen G und B nicht.
b) Im vorliegenden Fall geht es ausschließlich um Vermögensinteressen. BGH [14, 15]: Der BGH hat bei der Entscheidung darüber, ob eine bestimmte Person in den Schutzbereich eines Vertrages einbezogen ist, vielfach darauf abgestellt, ob das Wohl und Wehe dieser Person dem Vertragspartner der schutzpflichtigen Partei anvertraut war… Diese Rspr. darf jedoch nicht dahin missverstanden werden, dass damit die rechtlichen Grenzen für die Einbeziehung Dritter in den Schutzbereich eines Vertrages abschließend bezeichnet werden sollten; vielmehr sollte lediglich die Frage entschieden werden, unter welchen Voraussetzungen allein aufgrund der objektiven Interessenlage - also ohne einen konkreten Anhaltspunkt in ausdrücklichen Parteierklärungen oder im sonstigen Parteiverhalten - die stillschweigende Vereinbarung einer Schutzpflicht für Dritte anzunehmen ist. Die Vertragsparteien können daher auch dann,… wenn es ihnen nicht um das Wohl und Wehe eines Dritten geht oder gehen muss, diesen Dritten ausdrücklich oder stillschweigend in den Schutzbereich ihres Vertrages einbeziehen (BGH NJW-RR 1986, 1307). Auf dieser Entwicklungslinie hat sich eine Berufshaftung für Rechtsanwälte, Sachverständige, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer herausgebildet. Es handelt sich hier um Berufsgruppen, die über eine besondere, vom Staat anerkannte Sachkunde verfügen und deren Vertragsleistungen von vornherein erkennbar zum Gebrauch gegenüber einem Dritten bestimmt sind und nach dem Willen des Auftraggebers mit einer entsprechenden Beweiskraft ausgestattet sein sollen, so etwa bei einer Bilanz oder einem Sachverständigengutachten, die nicht nur für das Innenverhältnis zwischen Auftraggeber und Sachverständigem oder Steuerberater und Wirtschaftsprüfer bestimmt sind (BGHZ 133, 168, 172).
c) BGH [19]: Das Bestehen und die Reichweite eines etwaigen Drittschutzes sind durch Auslegung des jeweiligen Prüfvertrages zu ermitteln. Bei der Anwendung dieser Aussage auf den vorliegenden Fall unterscheidet der BGH wiederum zwischen K als Gesellschafterin und als Geschäftsführerin.
aa) BGH [24, 25]: Die Bilanz oder etwaige Äußerungen zu ihrem voraussichtlichen Inhalt (…) dienten ersichtlich nicht nur der Unterrichtung der GmbH. Von der Begutachtung des Beklagten sollte nach dem Parteiwillen auch gegenüber der Klägerin als Gesellschafterin Gebrauch gemacht werden (…), weil die Feststellung der wirtschaftlichen Verhältnisse nach dem beiderseitigen Parteiwillen über die Interessenlage der GmbH hinaus vor allem auch eine Entscheidungsgrundlage für die Klägerin als Gesellschafterin des Unternehmens darstellte…Die Hinweise des Beklagten waren darum insbesondere für eine Entschließung der Klägerin von Bedeutung, ob sie als Gesellschafterin zugunsten des möglicherweise insolventen Unternehmens weitere Mittel - sei es durch eine Kapitalerhöhung, eine Darlehensgewährung oder die Besicherung eines Fremddarlehens - bereitstellen wollte… Da die Sanierung einer Gesellschaft regelmäßig ohne die Mitwirkung ihrer Gesellschafter nicht gelingen kann, sind die Interessen der GmbH und des Gesellschafters bei der Feststellung einer etwaigen Insolvenzreife gerade auch aus dem Blickwinkel eines Beraters aufs engste miteinander verwoben.
bb) BGH [28 - 30]: Eine Auslegung des Prüfauftrags ergibt, dass von dem Inhalt des Gutachtens gegenüber der Klägerin zugleich in ihrer Funktion als Geschäftsführerin Gebrauch gemacht werden sollte. Weist das Gutachten eine Insolvenzreife der GmbH aus, ist es Aufgabe und Verpflichtung des Geschäftsführers, daraus die gesetzlichen Folgerungen durch die Stellung eines Insolvenzantrages zu ziehen… Hat der Geschäftsführer den Insolvenzantrag zu stellen, ist das Gutachten - wie der Abschlussprüfer weiß - nicht zuletzt für dessen Gebrauch bestimmt. Mit Rücksicht auf die Rechtsfolgen eines unterbliebenen oder verspäteten Insolvenzantrags wird die Stellungnahme des steuerlichen Beraters zur Grundlage einer Entscheidung über Vermögensdispositionen gemacht (…). Folgerichtig hat der Abschlussprüfer auch gegenüber dem Geschäftsführer, dem er das Ergebnis seiner Prüfung mündlich auseinandersetzt, für etwaige Fehler seiner Begutachtung einzustehen.
Somit hatte die G ein Einbeziehungsinteresse im Hinblick auf K als Gesellschafterin und als Geschäftsführerin.
3. Erkennbarkeit für Schuldner: Sowohl die Leistungsnähe als auch das Einbeziehungsinteresse der G waren für B erkennbar. BGH [25]: Der Beklagte musste nach dem Inhalt des Auftrages davon ausgehen, dass seine Angaben von der Klägerin verwendet und zur Grundlage einer Entscheidung über Vermögensdispositionen gemacht werden würden.
4. Schutzbedürftigkeit des Dritten: Sie ergibt sich für K daraus, dass sie einerseits für B erkennbar auf die richtigen Informationen durch B angewiesen war, andererseits keine eigenen Ansprüche gegen B hat. Insbesondere greift § 823 BGB nicht zu ihren Gunsten ein, weil B weder ein absolutes Recht der K noch ein zu ihren Gunsten bestehendes Schutzgesetz verletzt hat.
Die Voraussetzungen für eine Einbeziehung der K in den Schutzbereich des zwischen G und B geschlossenen Werkvertrags liegen vor.
III. Da § 634 Nr. 4 BGB u. a. auf § 280 BGB verweist, müssen die Voraussetzungen dieser Vorschrift erfüllt sein. Die Pflichtverletzung des B besteht im Verschweigen seines Wissens über den Insolvenzfall G. Er hat auch schuldhaft gehandelt. Seine Erklärung, er habe die Sanierungsbemühungen nicht erschweren wollen, bedeutet keine Exkulpation, weil für eventuelle Sanierungsbemühungen gerade die Information über die wahre wirtschaftliche Lage der G erforderlich war.
IV. Durch das Verschweigen des B müsste K ein Schaden (§ 249 BGB) entstanden sein.
1. Als Gesellschafterin hätte K, wenn sie über die Insolvenzreife der G informiert gewesen wäre, keine Haftung für die zusätzliche Einlage des E in Höhe von 50.000 Euro übernommen, da diese Haftungsübernahme von vornherein einen Verlust bedeutet hätte. Somit ist K ein Schaden in Höhe von 50.000 Euro entstanden.
2. Als Geschäftsführerin hätte sie, so wie in 2010 geschehen, Insolvenzantrag gestellt und keine weiteren Zahlungen aus dem Vermögen der G geleistet. Dadurch wären die Zahlungen nach dem 10. 2. 2010 in Höhe von 24.000 Euro vermieden worden. 10.000 Euro waren bereits gezahlt, bevor B den Auftrag zur Prüfung der Insolvenzreife erhalten hatte und bilden deshalb keinen durch die Unterlassung des B verursachten Schaden.
Somit beträgt der infolge der Unterlassung des B entstandene Schaden 74.000 Euro.
V. Der Anspruch könnte wegen eines Mitverschuldens (§ 254 I BGB) gemindert wein.
1. Es kommt ein Mitverschulden der G in Betracht. BGH [35]: Beim Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter muss sich der begünstigte Dritte…grundsätzlich auch ein Mitverschulden (§ 254 Abs. 1 BGB) des unmittelbaren Vertragspartners zurechnen lassen, weil ihm keine weitergehenden Rechte als dem unmittelbaren Vertragspartner des Schädigers zustehen (BGHZ 127, 378, 384 f; WM 1998, 440, 442). Dabei hat G für ein Mitverschulden eines Organs wie der K oder eines Erfüllungsgehilfen einzustehen (§ 254 II 2).
a) Die Pflichten des B waren nicht wegen der Zuziehung eines der Beratung der Klägerin als Gesellschafterin und Geschäftsführerin verpflichteten Spezialisten gemindert (…). Zwischen der Klägerin und ihrem Ehemann bestand kein den Beklagten entlastendes Beratungsmandat. Dieser hat an dem Beratungsgespräch zwischen der Klägerin und dem Beklagten aus ehelicher Fürsorge gefälligkeitshalber und im Eigeninteresse als stiller Gesellschafter der GmbH mitgewirkt, aber weder gegenüber der GmbH noch der Klägerin eine eigenständige vertragliche Beratungspflicht übernommen. Also liegt ein etwaiges Mitverschulden des E, das der G zugerechnet werden könnte, nicht vor.
b) Für die Annahme eines in der Person der Klägerin verwirklichten Mitverschuldens der GmbH ist ebenso kein Raum. Der Berater hat grundsätzlich von der Belehrungsbedürftigkeit seines Auftraggebers auszugehen. Dies gilt sogar gegenüber rechtlich und wirtschaftlich erfahrenen Personen (vgl. BGH WM 2008, 950 Rn. 13). Im Falle eines Beratungsvertrages kann es dem zu Beratenden nicht als mitwirkendes Verschulden vorgehalten werden, er hätte das, worüber ihn sein Berater hätte aufklären oder unterrichten sollen, bei entsprechenden Bemühungen auch ohne fremde Hilfe erkennen können. Selbst wenn ein Mandant über einschlägige Kenntnisse verfügt, muss er darauf vertrauen können, dass der beauftragte Berater die anstehenden Fragen fehlerfrei bearbeitet, ohne dass eine Kontrolle notwendig ist (BGH WM 2010, 993 Rn. 14). Das gilt auch im Anwendungsbereich des § 634 Abs. 4 BGB. So auch BGH NJW 2012, 2437: Einem Rechtsanwalt obliegt die rechtliche Bearbeitung des ihm anvertrauten Falles auch im Verhältnis zu einem rechtskundigen Mandanten…
2. Aus den gleichen Gründen liegt auch ein eigenes Mitverschulden der K nicht vor. Dass sie von Beruf Diplom-Volkswirtin ist, begründete keine eigene Prüfungspflicht und kann die Haftung des B nicht vermindern.
Abschließendes Ergebnis: Der Schadensersatzanspruch der K gegen B ist in Höhe von 74.000 Euro begründet.
Zusammenfassung