Bearbeiter: Prof. Dieter Schmalz

Vorteilsgewährung, § 333 StGB. Abgrenzung zwischen erlaubtem Sponsoring und strafbarer Korruption


BGH
Urteil vom 14. 10. 2008 (1 StR 260/08) www.bundesgerichtshof.de (für BGHSt vorgesehen)

Fall
(Logenplätze für die FußballWM - Fall Claassen)

A war Vorstandsvorsitzender des Energiekonzerns Energie Baden-Württemberg = EnBW. EnBW hatte von der FIFA Sponsoren- und Werberechte für die Fußball-WM 2006 in Deutschland erworben. Danach war die EnBW Hauptsponsor und einziger Sponsor aus Baden-Württemberg. Zwischen EnBW, der Landesregierung von Baden-Württemberg und der Bundesregierung wurde eine enge Kooperation vereinbart, bei der auch vereinbart wurde, die jeweiligen Einladungslisten für die Fußballweltmeisterschaft miteinander abzugleichen, um Doppeleinladungen zu vermeiden. Zu dem von der Marketingabteilung der EnBW erarbeiteten Sponsorenkonzept gehörte die Verteilung der ca. 14.000 Eintrittskarten, die der EnBW zur Verfügung standen. Dieses Konzept sah unter anderem vor, "einen Teil der Karten für Repräsentanten aus Wirtschaft, Gesellschaft, Kultur, Wissenschaft und Politik zu verwenden, um den Eingeladenen die Gelegenheit zu geben, ihre entsprechenden Institutionen zu präsentieren und repräsentieren, und zugleich durch das öffentliche Erscheinen angesehener und bekannter Persönlichkeiten die Rolle der EnBW als Hauptsponsor der Fußballweltmeisterschaft werbewirksam hervorzuheben". Geplant war, jedenfalls die hochrangigen Vertreter der Politik "zunächst" nicht in der Loge der EnBW, sondern "in erster Linie" im FIFA-Ehrenbereich unterzubringen.

Am 20. Dezember 2005 unterzeichnete A ca. 700 Weihnachtsgrußkarten. Adressaten waren Personen, deren Daten in der bei EnBW gepflegten VIP-Datei des A gespeichert waren. Entscheidend für die Aufnahme einer Person in die VIP-Datei war die persönliche Bekanntschaft zu A sowie die protokollarische Wertigkeit des Kontakts, nicht aber eine eventuelle dienstliche Relation zum Unternehmen. Bei etwa der Hälfte der Karten wurde mit Zustimmung des A ein Präsent beigefügt, wobei das Präsent bei der Unterzeichnung der Karten teilweise noch nicht feststand. Präsente waren u. a. - mit dem offiziellen WM-Sponsorenlogo der EnBW versehene - Gutscheine für Plätze in der Loge der EnBW bei einem Fußballweltmeisterschaftsspiel in Stuttgart oder Berlin. Zu deren Empfängern gehörten der Ministerpräsident und fünf Minister des Landes Baden-Württemberg (für jeweils zwei Eintrittskarten) sowie der beamtete Staatssekretär im Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit M (für eine Eintrittskarte). Wie A wusste - wenn auch nicht in den Details -, waren die Landesminister im Rahmen ihrer Ressortzuständigkeit mit Angelegenheiten befasst, die für die Geschäftspolitik und den wirtschaftlichen Erfolg der EnBW oder den A persönlich von erheblicher Bedeutung waren. Gleiches galt für das Bundesumweltministerium. Die Grußkarte an die Landesumweltministerin G war mit dem handschriftlichen Zusatz "Vielen Dank für die stets exzellente Zusammenarbeit" versehen. Bereits am 31. Mai 2005 hatten die Minister des Landes Baden-Württemberg einen Beschluss gefasst, in dem es unter Nr. 4 hieß: "Ehrenkarten für Veranstaltungen, deren Besuch zu den Repräsentationspflichten eines Regierungsmitglieds gehört, sind nicht als Geschenke zu bewerten und unterfallen nicht der Genehmigungspflicht." Nachdem in der Presse über die Versendung der Gutscheine berichtet worden war und die Staatsanwaltschaft Karlsruhe Mitte Februar 2006 ein Ermittlungsverfahren gegen A eingeleitet hatte, lehnte der baden-württembergische Ministerpräsident mit Schreiben vom 2. März 2006 die Einladungen namens der Regierungsmitglieder ab. Gleichfalls am 2. März 2006 zog Staatssekretär M. seine zunächst erteilte Zusage zurück.

Sämtliche Mitglieder der Landesregierung hatten anderweitig freien Zugang mit Begleitung zu allen WM-Spielen in Stuttgart. Zur Verfügung standen ihnen Plätze sowohl in der Loge, die sich das Land mit dem Unternehmen Daimler-Chrysler teilte, als auch im FIFA-Ehrenbereich.

Hat A sich strafbar gemacht ?

A könnte sich wegen Vorteilsgewährung (§ 333 I StGB) strafbar gemacht haben.

I. Dann müsste er einem Amtsträger für die Dienstausübung einen Vorteil angeboten, versprochen oder gewährt haben.

1. Die Mitglieder der bad.-württ. Landesregierung sind Personen, die in einem öffentlich-rechtlichen Amtsverhältnis stehen, und deshalb Amtsträger i. S. des § 11 I Nr. 2b) StGB sind. Staatssekretär M im Bundesumweltministerium ist Beamter und Amtsträger nach § 11 I Nr. 2a) StGB.

2. A hat die Eintrittskarten den sieben Personen angeboten.

3. Die Gutscheine für Eintrittskarten müssten ein Vorteil sein.

a) BGH Rdnr. 17: Unter einem Vorteil ist jede Leistung zu verstehen, auf die der Amtsträger keinen Anspruch hat und die seine wirtschaftliche, rechtliche oder auch nur persönliche Lage objektiv verbessert (vgl. nur BGHSt 47, 295, 304; BGH NStZ 2008, 216, 217; NStZ-RR 2007, 309, 310). Besser gestellt wird der Amtsträger vor allem durch materielle Zuwendungen jeder Art. Hierzu zählen auch Eintrittskarten für regulär entgeltpflichtige Veranstaltungen, da solche Karten einen Vermögenswert haben (vgl. Korte in MüKo-StGB § 331 Rdn. 62).

b) Rdnr. 18: Dass die vom Angeklagten bedachten Mitglieder der Landesregierung nach den Feststellungen ohnehin freien Zugang "mit Begleitung“ jedenfalls zu allen Weltmeisterschaftsspielen in Stuttgart hatten, hat auf die Bewertung der für diesen Spielort vorgesehenen Eintrittskarten als Vorteil keinen Einfluss. Insoweit gilt: Wird dem Amtsträger oder Dritten ein geldwerter Vorteil angeboten, versprochen oder gewährt, so ist es von vornherein unbeachtlich, wenn der Begünstigte einen vergleichbaren Vorteil auch auf eine andere Art und Weise erlangen kann. Auf derartige hypothetische Erwägungen kommt es grundsätzlich nicht an (vgl. auch OLG Karlsruhe NJW 2001, 907, 908). Sie können allenfalls für die subjektive Wertschätzung durch den Begünstigten und damit für die (angestrebte) Unrechtsvereinbarung von Bedeutung sein. Identisch waren die Vorteile, die der Angeklagte anbot oder versprach, und diejenigen, die den Mitgliedern der Landesregierung ohnehin zustanden, hier nicht. Denn es handelte sich in jedem der Fälle um zweierlei Eintrittskarten für verschiedene Zuschauerplätze. Insbesondere was die "EnBW-Loge" einerseits und "Landesloge" andererseits betrifft, liegt dies auf der Hand, zumal der Aufenthalt in der "EnBW-Loge" die Bewirtung vorsah, während entsprechende Feststellungen für die "Landesloge" nicht getroffen sind. All dies gilt entsprechend in Bezug auf den Staatssekretär M. Auf seine - rein hypothetischen - Angaben als Zeuge, er hätte "Karten zu WM-Spielen bekommen, wenn er sich in seiner Eigenschaft als Staatssekretär darum bemüht hätte", kommt es erst recht nicht an.

c) Rdnr. 20, 21: Der BGH teilt auch nicht die Auffassung der Strafkammer, es sei schon deswegen kein Vorteil gegeben, weil die Eintrittskarten den Begünstigten lediglich die Ausübung der dienstlichen Aufgabe ermöglichen sollten, das Land bzw. den Bund in der Öffentlichkeit zu repräsentieren. Zwar hat die Kammer die Wahrnehmung von Repräsentationsaufgaben zu Recht zu den Dienstpflichten von Regierungsmitgliedern, auch von Staatssekretären gezählt. Dies nimmt den in Aussicht gestellten Eintrittskarten jedoch nicht den Vorteilscharakter… Denn hier sollten die Eintrittskarten für die Mitglieder der Landesregierung und ihre Begleitpersonen sowie für den Staatssekretär M. nicht nur einen solchen dienstlichen Nutzen haben. Die beabsichtigten geldwerten Zuwendungen dienten vielmehr gerade der Befriedigung persönlicher Interessen, die mit dem unmittelbaren Erleben eines Weltmeisterschaftsspiels im Stadion verbunden sind.

d) Rdnr. 22, 23: Soweit die Strafkammer den am 31. Mai 2005 im Ministerrat gefassten Beschluss als eine Genehmigung im Sinne von § 333 Abs. 3 StGB angesehen hat, tragen die insoweit unzureichenden Feststellungen die rechtliche Wertung nicht: Es liegt schon nicht fern, dass mit dem in dem Beschluss verwendeten Begriff "Ehrenkarten" nur solche Karten gemeint sind, die von dem Veranstalter selbst - für seine "Ehrengäste" - zur Verfügung gestellt werden… Im Übrigen versteht sich auch nicht von selbst, dass die Regelung besagt, die bedachten Regierungsmitglieder dürften solche "Ehrenkarten" in jedem Fall - unabhängig von den konkreten protokollarischen Pflichten - zudem für eine Begleitperson annehmen.

e) Folglich sind die Eintrittskarten für Fußballweltmeisterschaftsspiele in Stuttgart und Berlin, die A sechs Mitgliedern der Landesregierung und dem Staatssekretär im Bundesumweltministerium angeboten hatte, Vorteile im Sinne von § 333 I StGB.

4. Der Vorteil müsste für die Dienstausübung angeboten worden sein. Durch eine - zumindest beabsichtigte - Unrechtsvereinbarung muss eine inhaltliche Verknüpfung zwischen dem angebotenen Vorteil und der Dienstausübung hergestellt werden.

a) BGH Rdnr. 26 - 28: Die Neufassung dieser Vorschrift durch das Gesetz zur Bekämpfung der Korruption vom 13. August 1997 hat zwar die Anforderungen an die Unrechtsvereinbarung, die Kernstück aller Bestechungsdelikte ist, für die Vorteilsgewährung nach § 333 Abs. 1 StGB ebenso wie für die Vorteilsannahme nach § 331 Abs. 1 StGB herabgesetzt, aber nicht aufgegeben: Nach seiner alten Fassung hatte der Tatbestand der Vorteilsgewährung vorausgesetzt, dass der Vorteil "Gegenleistung dafür sein soll, daß der Amtsträger eine in seinem Ermessen stehende Diensthandlung künftig vornehme"; dementsprechend war Bezugspunkt der Unrechtsvereinbarung die einzelne - zumindest ihrem sachlichen Gehalt nach grob umrissene - Diensthandlung. Nunmehr genügt es, wenn ein Vorteil "für die (vergangene oder künftige) Dienstausübung" im Allgemeinen angeboten, versprochen oder gewährt wird. Die Neufassung der Tatbestände der Vorteilsannahme und der Vorteilsgewährung führt dazu, dass der Anwendungsbereich dieser Strafnormen nun auch in größerem Umfang eröffnet ist, wenn Amtsträger höherer Ebenen mit breit gefächerten Entscheidungsspielräumen betroffen sind (vgl. BTDrucks. 16/4333 S. 2; Korte in MüKo-StGB § 331 Rdn. 99). Zuvor galt: Je weiter sich der Aufgabenbereich des Amtsträgers darstellte, umso schwieriger war die Zuordnung des Vorteils zu einer bestimmten oder zumindest bestimmbaren Diensthandlung. Anliegen der Erweiterung der Tatbestände war gerade auch, Beweisschwierigkeiten zu beseitigen, die mit dem Erfordernis der Bestimmbarkeit der Diensthandlung verbunden waren. Ferner sollte die Strafbarkeit wegen Vorteilsannahme und Vorteilsgewährung auf Fälle…erstreckt werden, in denen durch einen Vorteil nur das generelle Wohlwollen und die Geneigtheit des Amtsträgers erkauft (vgl. BTDrucks. 13/8079 S. 15) bzw. "allgemeine Klimapflege" betrieben wird (BGHSt 49, 275, 281; BGH NStZ 2008, 216, 217; NStZ-RR 2007, 309, 310).…Andererseits hat der Gesetzgeber bei der Neufassung der §§ 331, 333 StGB prinzipiell an dem Erfordernis einer (angestrebten) Unrechtsvereinbarung bewusst festgehalten.

b) BGH Rdnr. 29 - 33: Vor diesem Hintergrund sind…an die inhaltliche Verknüpfung von Vorteil und Dienstausübung folgende Anforderungen zu stellen:

aa) Zwischen dem Vorteil und der Dienstausübung muss ein "Gegenseitigkeitsverhältnis" in dem Sinne bestehen, dass der Vorteil nach dem (angestrebten) ausdrücklichen oder stillschweigenden Einverständnis der Beteiligten seinen Grund gerade in der Dienstausübung hat (vgl. BGH NJW 2005, 3011, 3012 m. w. N. ). Dies erfordert, dass Ziel der Vorteilszuwendung ist, auf die künftige Dienstausübung Einfluss zu nehmen (vgl. BGH NStZ-RR 2007, 309, 310 f.) und/oder die vergangene Dienstausübung zu honorieren (ähnlich Fischer, StGB 55. Aufl. § 331 Rdn. 23). In diesem allgemeinen Sinne muss der Vorteil somit nach wie vor Gegenleistungscharakter haben (vgl. Korte in MüKo-StGB § 331 Rdn. 94…). Unter Dienstausübung ist dabei grundsätzlich jede dienstliche Tätigkeit zu verstehen. Diese muss nach den Vorstellungen der Beteiligten nicht - noch nicht einmal in groben Umrissen - konkretisiert sein; daher genügt es, wenn der Wille des Vorteilsgebers auf ein generelles Wohlwollen bezogen auf künftige Fachentscheidungen gerichtet ist, das bei Gelegenheit aktiviert werden kann.

bb) Ob der Vorteilsgeber ein solches von § 333 Abs. 1 StGB pönalisiertes oder ein anderes Ziel verfolgt, ist Tatfrage. Die Grenzbestimmung hat in wertender Beurteilung zu erfolgen…. Pauschale Bewertungen in Anlehnung an Begrifflichkeiten wie "allgemeine Klimapflege" oder "Anfüttern" verbieten sich dabei… Vielmehr ist die Abgrenzung nach den fallbezogenen Umständen - insbesondere der gesamten Interessenlage der Beteiligten - vorzunehmen.

cc) Als mögliche Indizien für oder gegen das Ziel, mit dem Vorteil auf die künftige Dienstausübung Einfluss zu nehmen oder die vergangene Dienstausübung zu honorieren, fließen neben der Plausibilität einer anderen - behaupteten oder sonst in Betracht kommenden - Zielsetzung in die wertende Beurteilung namentlich ein: die Stellung des Amtsträgers und die Beziehung des Vorteilsgebers zu dessen dienstlichen Aufgaben, die Vorgehensweise bei dem Angebot, dem Versprechen oder dem Gewähren von Vorteilen sowie die Art, der Wert und die Zahl solcher Vorteile. So können etwa dienstliche Berührungspunkte zwischen Vorteilsgeber und Amtsträger ebenso in Ausschlag gebender Weise für eine Unrechtsvereinbarung sprechen, wie die Heimlichkeit des Vorgehens (BGH NStZ 2008, 216, 218; NStZ-RR 2007, 309, 310 f.…). Vorzunehmen ist jedoch regelmäßig eine Gesamtschau aller Indizien…. Das bedeutet auch, dass die Strafbestimmung der Vorteilsgewährung nicht schon dadurch unanwendbar wird, dass eine (angestrebte) Unrechtsvereinbarung in sozialadäquate Handlungen - wie die Durchführung eines für sich gesehen in strafrechtlicher Hinsicht gänzlich unverdächtigen Sponsoringkonzepts - eingebunden wird. Auch in diesem Fall ist maßgeblich, wie sich das Vorgehen aufgrund der gesamten Umstände, unter denen es geschieht, darstellt.

c) Anhand dieser Maßstäbe überprüft der BGH die Ausführungen der Strafkammer des Landgerichts, die A freigesprochen hatte. Rdrn. 38 - 48:

Bei der einzelfallbezogenen Betrachtung hat das Landgericht nach einer Gesamtschau sämtlicher Umstände die Möglichkeit nicht ausgeschlossen, dass die Zuwendung einen (sachlich gerechtfertigten) anderen Beweggrund als den der Beeinflussung der Dienstausübung hat. Einen solchen anderen Beweggrund hat das Landgericht darin gesehen, dass, indem den Empfängern der Gutscheine die Gelegenheit zur Repräsentation bei der Fußballweltmeisterschaft gegeben werden sollte, ihr Erscheinen zu Werbezwecken genutzt werden sollte, um die Veranstaltung aufzuwerten und die Rolle der EnBW als Sponsor der Veranstaltung hervorzuheben. Davon, dass der Angeklagte das Ziel verfolgte, die Empfänger - "gewissermaßen unter dem 'Deckmantel' Sponsoring/Repräsentation" - geneigt zu machen, bei der Dienstausübung zugunsten der EnBW zu handeln, hat sich das Landgericht hingegen nicht zu überzeugen vermocht. Landgericht und BGH haben also angenommen, dass noch Sponsoring vorliegt und noch keine unerlaubte Einflussnahme auf dienstliche Entscheidungen gegeben ist.

Dabei hat sich das Landgericht rechtsfehlerfrei mit den relevanten Indizien auseinandergesetzt und bei seiner Entscheidung insbesondere folgende Umstände berücksichtigt:

– Zwischen den sieben Gutscheinempfängern - allesamt Personen mit weit reichenden Entscheidungskompetenzen - und der EnBW bestanden dienstliche Berührungspunkte. Das Landgericht hat aber auch festgestellt, dass der Angeklagte die Auswahl der Empfänger nicht gezielt nach diesem Kriterium vornahm: "Entscheidend für die Aufnahme (einer Person) in die VIP-Datei war die persönliche Bekanntschaft zum Vorstandsvorsitzenden sowie die protokollarische Wertigkeit des Kontakts, nicht aber eine eventuelle dienstliche Relation zum Unternehmen". Der Indizwert der dienstlichen Berührungspunkte wird zudem dadurch stark relativiert, dass der Angeklagte im Bewusstsein des insofern noch offenen Sponsoring- und Einladungskonzepts der EnBW handelte. Das Konzept sah, wie der Angeklagte wusste, vor, sämtliche Mitglieder der Bundesregierung und der Landesregierung Baden-Württemberg einschließlich der Staatssekretäre einzuladen. Der Angeklagte handelte demnach in der Vorstellung, dass die nicht mit den Weihnachtsgrußkarten bedachten Regierungsmitglieder später noch Eintrittskarten erhalten würden.

– Hinsichtlich der Vorgehensweise hat das Landgericht im Fall der an die baden-württembergische Umweltministerin G. versandten Weihnachtsgrußkarte gesehen, dass der handschriftliche Zusatz "Vielen Dank für die stets exzellente Zusammenarbeit" Indizwert für eine angestrebte Unrechtsvereinbarung haben könnte. Diesbezüglich hat das Landgericht freilich festgestellt, dass der Angeklagte zu dem Zeitpunkt, zu dem er diese Worte niederschrieb, noch nicht wusste, ob der Umweltministerin überhaupt ein Präsent und gegebenenfalls welches ihr zugedacht war.

– Im Übrigen war die Vorgehensweise des Angeklagten nicht durch Verschleierung bzw. Heimlichkeit geprägt: Die Gutscheine wurden an die dienstlichen Adressen der Empfänger versand und waren mit dem offiziellen WM-Sponsorenlogo der EnBW versehen. Die Einladungen wären im Rahmen des geplanten Abgleichs der Einladungslisten zwischen der EnBW und dem Land Baden-Württemberg offen zu legen gewesen; nicht zuletzt hätte das öffentliche Auftreten der Empfänger als Gast des WM-Sponsors EnBW insoweit "Transparenz" bewirkt.

– Zur Beschaffenheit der Vorteile hat das Landgericht zum einen festgestellt, dass die Gutscheine "personengebunden und nicht übertragbar" waren. Zum anderen war, jedenfalls was die WM-Spiele in Stuttgart betrifft, für die Mitglieder der Landesregierung Baden-Württemberg der Wert der Eintrittskarten - unbeschadet der im Einzelnen schwierigen Berechnung - subjektiv gemindert. Denn die Mitglieder der Landesregierung hatten ohnehin freien Zugang "mit Begleitung“ jedenfalls zu allen WM-Spielen in Stuttgart.

Bei alledem hat das Landgericht darüber hinaus erkennbar im Blick gehabt, dass es sich bei der Fußballweltmeisterschaft 2006 um ein einzigartiges sportliches Großereignis für die Bundesrepublik Deutschland handelte, das mit einer Kooperation zwischen "höchster" Politik und Wirtschaft einherging. Eine organisierte Zusammenarbeit wurde von der Bundesregierung offiziell gefördert und entspricht bei derartigen Ereignissen weltweiten Gepflogenheiten.

Abschließend stellt der BGH fest: Die den Angeklagten erheblich belastenden Indizien mögen berechtigten Anlass dazu gegeben haben, gegen ihn Anklage zu erheben und sodann wegen der noch ungesicherten Rechtslage eine höchstrichterliche Entscheidung herbeizuführen. Dass sich das Landgericht trotz dieser belastenden Indizien nicht davon hat überzeugen können, dass der Angeklagte die Versendung der Gutscheine veranlasste, um etwaige dienstliche Tätigkeiten der bedachten Amtsträger zu honorieren oder zu beeinflussen, ist jedoch nach revisionsrechtlichen Maßstäben hinzunehmen. (Danach handelte es sich nur um einen „Freispruch zweiter Klasse“.)

II. A hat sich nicht nach § 333 StGB strafbar gemacht.


Zusammenfassung