Bearbeiter: Prof. Dr. Rainer Strauß
►Gefährliches Werkzeug, § 244 I Nr. 1 a) StGB
BGH Beschluss vom 27.9.2002 (5 StR 117/02), StV 2003, 26
Fall (Diebstahl mit Taschenmesser)
A begab sich in ein Kaufhaus, um dort Herrenhosen zu entwenden. Er steckte drei Hosen im Wert 469,85 DM in eine mitgebrachte Plastiktüte. Diese hatte er zuvor dergestalt präpariert, dass die Sicherheitsetiketten bei dem Passieren der Sicherheitsschranke keinen Alarm auslösen. Ohne die Hosen zu bezahlen, verließ A das Kaufhaus. Während der Tatausführung hatte A ein Tassenmesser mit einer Klingenlänge von ca. 8 cm bei sich. Nach Verlassen des Kaufhauses wurde er von einem Detektiv gestellt. Strafbarkeit des A ?
A könnte sich wegen eines qualifizierten Diebstahls gemäß §§ 242 I, 244 I Nr. 1 a) StGB strafbar gemacht haben.
1 . Die Hosen waren für A fremde bewegliche Sachen. Diese müsste er weggenommen haben. Wegnahme ist der Bruch fremden und die Begründung neuen Gewahrsams. Indem A die Hosen in die von ihm mitgebrachte Plastiktüte steckte, hat er den Gewahrsam der im Kaufhaus beschäftigten Personen gebrochen. Eine Wegnahme ist daher gegeben.
2 . A könnte den Qualifikationstatbestand des § 244 I Nr. 1 a) StGB verwirklicht haben. Dann müsste er eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei der Tatausführung bei sich geführt haben.
a) Waffen i. S. des § 244 I Nr. 1 a) StGB sind nur Waffen im technischen Sinne, also solche Gegenstände, die dazu bestimmt sind, Verletzungen herbeizuführen. Hierzu werden z.B. Schusswaffen, Gaspistolen und Totschläger gezählt (vgl. Joecks, Studienkommentar, § 244 Rn. 8 m. w. N.). Dagegen werden nicht alle Messer unter das Tatbestandsmerkmal „Waffe“ subsumiert. Während Dolche und Stilette hierunter gefasst werden, wird dies bei Taschen- und Fahrtenmessern abgelehnt. Bei letzteren handele es sich um andere gefährliche Werkzeuge i. S. des § 244 I Nr. 1 a) StGB (vgl. Geppert Jura 1999, 600). Das von A mitgeführte Taschenmesser ist somit keine Waffe, sondern kann ein anderes gefährliches Werkzeug sein.
b) Der BGH legt das Tatbestandsmerkmal „anderes gefährliches Werkzeug“ aber einschränkend aus. Eine Verurteilung wegen Diebstahls unter Beisichführens eines anderen gefährlichen Werkzeuges kommt nur dann in Betracht, wenn der Täter das Werkzeug bewusst gebrauchsbereit bei sich hat. Damit soll vermieden werden, dass auch derjenige Täter dem erhöhten Strafrahmen des § 244 StGB unterfällt, der einen derartigen Gegenstand in sozial adäquater Weise zum normalen Gebrauch bei sich führt und bei der Ausführung eines Diebstahls gar nicht an diesen denkt. Eine bewusste Gebrauchsbereitschaft muss ausdrücklich festgestellt werden. Das war im Fall des A nicht möglich, so dass eine Strafbarkeit nach § 244 I Nr. 1 a) StGB ausscheidet.
3. A hatte Vorsatz bezüglich eines einfachen Diebstahls und handelte in der Absicht, sich die drei Hosen zuzueignen. Die von ihm erstrebte Zueignung war rechtswidrig, so dass der subjektive Tatbestand des § 242 I StGB erfüllt ist.
4. A hat rechtswidrig und schuldhaft gehandelt und sich somit wegen eines einfaschen Diebstahls gemäß § 242 I StGB strafbar gemacht.
Damit das Beisichführen eines Taschenmessers das Tatbestandsmerkmal „eines anderen gefährlichen Werkzeuges“ i. S. des § 244 I Nr. 1 a) StGB erfüllt, ist erforderlich, dass der Täter das Messer subjektiv in bewusster Gebrauchsbereitschaft mit sich führt.