Bearbeiter: Prof. Dr. Rainer Strauß

Der Fall beschäftigt sich mit der Frage, ob ein Erschleichen i.S des § 265 a StGB voraussetzt, dass der Täter Kontrollmaßnahmen umgeht oder ausschaltet.

OLG Düsseldorf Beschluss vom 30.3.2000 (2b Ss 54/2000) NJW 2000, 2120

Fall (Schwarzfahrer)

A benutzte, ohne einen gültigen Fahrausweis gelöst zu haben, den Zug von Düsseldorf nach Köln. Bevor er in den Zug stieg, erklärte er dem Zugbegleiter wahrheitswidrig, dass er bereits einen Fahrschein gelöst habe. Bei einer späteren Kontrolle konnte er keinen gültigen Fahrschein vorlegen. Strafbarkeit des A ?

A könnte sich wegen Erschleichens von Leistungen gemäß § 265 a I 3. Fall StGB strafbar gemacht haben.

Dann müsste er die Beförderung durch ein Verkehrsmittel erschlichen haben. Zum Teil wird in der Lehre vertreten, ein Erschleichen einer Beförderungsleistung sei nicht schon jede unbefugte unentgeltliche Verschaffung der Leistung. Vielmehr sei ein aktives Umgehen oder Ausschalten von Kontrollmaßnahmen oder anderen Sicherungsvorkehrungen erforderlich (Schönke/Schröder/Leckner § 265a Rnr. 8; Fischer NJW 1988, 1828). A umging weder Kontrollmaßnahmen noch Sicherungsvorkehrungen. Nach dieser Auffassung hat er keine Beförderungsleistung erschlichen. Demgegenüber sieht die Rechtsprechung das Tatbestandsmerkmal des Erschleichens einer Beförderungsleistung schon dann als erfüllt an, wenn der Täter sich durch sein Verhalten mit dem Anschein der Ordnungsmäßigkeit umgibt, wie zum Beispiel durch das Nichtlösen oder Nichtverwerten eines Fahrausweises sowie unauffälliges und unbefangenes Auftreten ...(folgen Nachweise). Ein heimliches Vorgehen des Täters, eine List oder eine Täuschung seien nicht erforderlich.

Der Senat sieht keinen Anlass, diese schon früher von ihm vertretene Auffassung aufzugeben. § 265 a StGB ist als Auffangtatbestand ausgestaltet, um insbesondere auch die missbräuchliche Inanspruchnahme von Leistungen des modernen Massenverkehrs zu verfolgen, die frei zugänglich sind und nur noch gelegentlich Kontrollen unterliegen, so dass mangels Täuschung einer Person der Betrugstatbestand nicht erfüllt ist ... Auch ist ein Gesetzesentwurf des Bundesrates abgelehnt worden, der für die Beförderungserschleichung eine Beschränkung des § 265a StGB auf wiederholtes Handeln unter Umgehung von Kontrollmechanismen und die Einführung eines Ordnungswidrigkeitentatbestandes für erstmaliges Schwarzfahren vorsah ...

Nach Auffassung der Rechtsprechung hat A sich somit wegen Erschleichens von Leistungen gemäß § 265 a I 3. Fall StGB strafbar gemacht.

Leitsatz des Bearbeiters :

Ein Erschleichen i.S des § 265 a StGB ist jedes unbefugte unentgeltliche Sichverschaffen der Leistung bzw. des Zutritts. Eines heimlichen Vorgehens bedarf es dabei nicht.